Die Klagen über die Verschmutzung im öffentlichen Raum nehmen zu. In den Stadtbezirken Zuffenhausen und Feuerbach sucht man nach Lösungen des Problems – allerdings bisher vergebens.

Stuttgarter Norden - Leere Pizzaschachteln, zusammengeknüllte Plastik- und Pappbecher, zerknautschte Tetrapaks, achtlos weggeworfene Getränkebüchsen – wer auf dem Hans-Scharoun-Platz unterwegs ist, macht zwangsläufig Bekanntschaft mit allerlei Sorten von herumliegendem Müll. Die neue Roter Ortsmitte sollte eigentlich ein Hingucker werden, Passanten wenden sich aber eher ab, wenn sie die recht trostlose Betonfläche vor Augen haben. Seit der Einweihung des Platzes im Jahr 2014 ist Müll ein Dauerthema.

 

„Ich bin mit der Sauberkeit nach wie vor nicht zufrieden“, sagt Dieter Kupsch, der sowohl im Vorstand des Bürgervereins als auch im Vorstand des Handels- und Gewerbevereins Rot (HGV) sitzt. Nicht nur der auf dem Platz liegende Unrat bereite Ärger, ein Problem sei auch die Sauberkeit direkt vor den Geschäften, für die eigentlich die Ladenbetreiber zuständig seien. Vor kurzem habe es ein Gespräch zwischen HGV, der SWSG und dem Stadtteilmanager Torsten von Appen gegeben, bei dem auch das Thema Müll eine Rolle gespielt habe. „Die Sache ist am Köcheln“, sagt Kupsch, offiziell spruchreif sei aber noch nichts.

Gereinigt wird der Platz jeden Donnerstag vom Eigenbetrieb Abfallwirtschaft der Stadt Stuttgart (AWS). Seit Mai 2016 ist dabei auch, je nach Bedarf, eine Kleinkehrmaschine im Einsatz. Gesäubert wird bis zu den Arkaden, darunter müssen die Anlieger selbst für Sauberkeit sorgen. Auf dem Platz gibt es drei öffentliche Papierkörbe, die laut AWS drei Mal pro Woche geleert werden. „Diese Leerfolge entspricht dem Füllgrad vor Ort“, heißt es in einer Antwort der AWS auf Nachfrage der Nord-Rundschau. Die Aufstellung eines vierten Mülleimers sei nicht notwendig.

Der Bund der Selbstständigen sucht in Zuffenhausen nach einem eigenen Weg

Einen eigenen Weg hat man vor vier Jahren in Zuffenhausen eingeschlagen. Der Bund der Selbstständigen (BdS), die Werbegemeinschaft Einkaufsziel Zuffenhausen (EZZ), der Bürgerverein und das Bezirksrathaus riefen die Aktion „Gemeinsam geschafft – Gemeinsam für eine saubere Einkaufsstraße“ ins Leben. Finanziert wird das Projekt durch Spenden. Zunächst waren Männer vom Grünservice des Sozialunternehmens Neue Arbeit in der Unterländer Straße unterwegs, momentan sorgt dort ein ehemaliger AWS-Mitarbeiter zwei Mal pro Woche für Sauberkeit – zusätzlich zur turnusmäßigen Reinigung durch die AWS. Allerdings, das erläutert Christina Kolb, die Vorsitzende des Zuffenhäuser Bürgervereins, seien die Spendengelder bald aufgebraucht. Auf jeden Fall, da ist sie sich mit den Gewerbetreibenden einig, soll die Aktion fortgeführt werden, es müssten also neue Spenden gesammelt werden.

Eine andere Idee haben die Zuffenhäuser Geschäftsleute verworfen: Es war darüber diskutiert worden, fest installierte Mülleimer vor den Läden aufzustellen. Allerdings, das erzählt EZZ-Vorsitzende Andrea Finkel, seien die Auflagen der Verwaltung für solch ein Ansinnen sehr hoch gewesen, wenn es sich um öffentlichen Straßenraum handle. Deshalb wäre die Idee letztendlich im Sande verlaufen. Finkel appelliert an alle Passanten, ihren Müll nicht achtlos wegzuwerfen. Doch auch die Ladenbetreiber hätten die Pflicht, vor ihrer Tür sauber zu machen. Sei das nicht der Fall, so schlägt Finkel vor, könnten Kunden in den betreffenden Laden gehen und den Betreiber auf den Schmutz aufmerksam machen.

Die Hinterlassenschaften der Coffee-to-go-Gesellschaft

Auch in Feuerbach ist das Thema Müll allgegenwärtig. Am Wilhelm-Geiger-Platz nutzen viele Pendler und Schüler aus den umliegenden Gymnasien und Berufsschulen die umliegenden Fast-Food-Angebote. Die Folgen dieser Ess- und Trinkgewohnheiten sind dieselben wie auf dem Hans-Scharoun-Platz. Regelmäßig liege der Verpackungsmüll in diesem Bereich herum, sagt Jochen Heidenwag. Wobei dem Vorsitzender des örtlichen Gewerbe- und Handelsvereins bewusst ist, dass die Hinterlassenschaften der Coffee-to-go-Gesellschaft keineswegs nur auf die jüngere Altersgruppe zurückzuführen sind. „Wir alle sind Verursacher und gehen mit der Umwelt nicht pfleglich um“, sagt er.

Auch auf der Feuerbacher Einkaufsmeile stellt sich das Problem. „Die Abfallbehälter, die am Vormittag geleert werden, sind oft nachmittags schon wieder voll“, sagt Heidenwag. Die Hausbesitzer an der Stuttgarter Straße haben ihn erst jüngst auf das Thema angesprochen. Deren Fazit: Es gebe zu wenige Abfallkörbe und sie seien zu klein. Mit Blick auf die Innenstadt sagt Heidenwag: „Wir hätten in Feuerbach auch gerne solche Unterflurmüllbehälter, wie es sie zum Beispiel auf der Königstraße gibt.“ Bei diesem System wird der Müll in einen oberirdischen Einwurfschacht geworfen und fällt von dort in einen größeren Behälter unter der Erde. Rund 550 Liter Fassungsvermögen habe ein Unterflurmüllbehälter, sagt AWS-Pressesprecherin Annette Hasselwander. Zum Vergleich: In einen normalen Behälter passen gerade mal 50 Liter. „Die Beschaffungskosten liegen bei rund 1500 bis 1800 Euro pro Stück. Dazu kommen Einbaukosten ungefähr in Höhe von 4000 Euro pro Stück hinzu“, sagt Hasselwander. 84 dieser Abfallschächte gibt es in Stuttgart. Die Vorteile liegen auf der Hand: Weniger Leerungen, kein Überlaufen und auch keine Tiere, die nächtens an die Müllbehälter gehen.

Doch es gibt auch Nachteile: „Ein sperriger Gegenstand wie ein Pizzakarton genügt schon, um den Einwurfschacht zu verstopfen“, sagt Hasselwander.