Ein spektakulärer Raub, nach dem ein 25-Jähriger in Herrenberg tot aufgefunden worden war, ist geklärt. Der Fall hatte den Ermittlern zunächst Rätsel aufgegeben.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Böblingen - Das Opfer dieses Raubüberfalls hat letztlich den geringsten Schaden erlitten. Das Knie blutete, die Hand war aufgeschürft, aber das Geld gerettet. Schwerer wiegt der Schaden im Geiste, denn „es ist noch mal eine andere Nummer, nach einem gemeinsamen Abend von vermeintlichen Freunden überfallen zu werden“, wie die Richterin Cornelie Eßlinger-Graf sagte. Acht Wochen lang war der 25-Jährige krankgeschrieben, weil er sich nicht aus dem Haus wagte. Noch immer fürchtet er sich, allein unterwegs zu sein.

 

Die schlimmstmöglichen Folgen hatte die Tat für denjenigen, der sie erdacht hatte. Ein ebenfalls 25 Jahre alter Mann starb vermutlich, weil das Geschehen ihn zu sehr aufregte. Eine genaue Todesursache wie etwa ein Herzstillstand konnte trotz einer Obduktion nicht ermittelt werden. Fest steht: Es war ein natürlicher Tod. Wegen des spektakulären Ausgangs war die Tat bundesweit in den Schlagzeilen. Anfangs vermutete die Polizei, der Tote sei Opfer eines brutalen Überfalls geworden. Und ohne den Toten wäre der Prozess gegen zwei Mittäter wohl nicht vor dem Landgericht Stuttgart verhandelt worden, sondern vor dem Amtsgericht Böblingen.

Das Opfer wehrte sich mit Erfolg

Am 12. April hatte ein Mann vor einer Shisha-Bar in Herrenberg (Kreis Böblingen) mit einem Schlagstock einen anderen angegriffen, von dem der gesamte Bekanntenkreis wusste, dass er regelmäßig mehrere Tausend Euro in der Hosentasche hatte. Das Geld stammt wohl aus dem Handel mit limitierten Sportschuhen, die der Mann von amerikanischen Soldaten kauft und sie mit vierstelligen Gewinnspannen in Internet versteigert. Er hatte bei jeder Gelegenheit „mit großen Mengen Bargeld geprahlt und so wohl sein Selbstbewusstsein aufgebessert“, sagte Eßlinger-Graf. Das Opfer wehrte sich mit Erfolg und floh zurück in jene Bar. Schon früh hatte die Polizei geargwöhnt, dass der Verstorbene der Kopf einer dreiköpfigen Bande war. So hat es das Landgericht am Montag im Namen des Volkes festgestellt und die beiden Mittäter abgeurteilt. Beide waren zur Tatzeit noch keine 21 Jahre alt. Bei beiden nahmen die Richter an, dass sie in ihrer geistigen Entwicklung zurückgeblieben seien, und verurteilte sie nach Jugendrecht.

Der Mann mit dem Schlagstock muss dennoch ins Gefängnis. Ein Urteil unter zweieinhalb Jahren Haft wäre nicht vertretbar gewesen, sagte Eßlinger-Graf. Diese Strafe hatte auch die Staatsanwaltschaft gefordert. Der Mann war mit einer Sturmmaske auf dem Kopf auf das Opfer zugesprungen, hatte „Geld her“ gerufen und drei- oder viermal zugeschlagen, aufs linke Knie. 2000 Euro sollte er von der Beute bekommen. Der Angreifer scheiterte an der Gegenwehr des Opfers, das auf dem Beifahrersitz eines geparkten Audi saß, mit dem später Verstorbenen neben sich.

Der Komplize sollte das Opfer unterhalten

Den Verurteilten trifft die Strafe hart. Zur Tatzeit war er arbeits- und wohnungslos. Nach dem Überfall versteckte er sich wochenlang, schlief in Parkhäusern, bis er sich stellte. Nun hat er sich verlobt, eine Wohnung und eine reguläre Arbeit gefunden. Nicht zuletzt deshalb plädierte sein Verteidiger Zlatko Prtenjaca auf eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten zur Bewährung. Sein Kollege Markus Bessler wollte für seinen Mandanten, den zweiten Angeklagten, keine Mittäterschaft erkennen, sondern lediglich Beihilfe.

Ein Jahr zur Bewährung hielt er für angemessen. Zwei Jahre zur Bewährung hatte die Staatsanwaltschaft gefordert. Auf ein Jahr und acht Monate lautete das Urteil. Dieser Komplize sollte das Opfer unterhalten und verhindern, dass es die Bar verlässt, bevor die Tat vorbereitet war. 500 Euro waren dafür ausgelobt. Er war mit dem später Verstorbenen und dem Opfer auf nächtlicher Tour, zuerst in Stuttgart, danach in einem Sindelfinger Bordell. Auch das Leben des zweiten Angeklagten scheint erstmals in geregelte Bahnen zu geraten. Er hatte die Förderschule ohne Abschluss verlassen und eine Lehre abgebrochen. Inzwischen hat er eine Ausbildung zum Fitnesskaufmann begonnen.