Leni Breymaier soll die kriselnde SPD Baden-Württemberg wieder zum Erfolg führen und sieht sich auf einem guten Weg. Kritik äußert sie an der Landesregierung: Beim Thema Abschiebehaft von Gefährdern sei Kretschmann „rechts außen gelandet“.

Stuttgart - Während Leni Breymaier die Grünen als Partner auf Bundesebene präferiert, wundert sie sich über deren Anpassung an die CDU im Südwesten – speziell beim Thema Sicherheit.

 
Frau Breymaier, ist Ihr Stolperstart als SPD-Chefin mit dem Streit um die Wahl Ihrer Generalsekretärin Luisa Boos abgehakt? Sind Ihre internen Kritiker verstummt?
Ja. Es gab vor dem 22. Oktober, für mich überraschend, heftige Kritik an meiner Auswahl der Generalsekretärin – mein Eindruck ist, dass es mit ihrer Wahl auch ausgestanden ist. Die Zusammenarbeit mit der Landtagsfraktion, mit der Landesgruppe und im Landesvorstand läuft gut. Ich repräsentiere die Partei nach außen. Luisa Boos soll in die Organisation hinein wirken und macht ihre Arbeit gut.
Sie sind in Kürze hundert Tage im Amt. Wie sieht ihre Agenda aus, um den Landesverband wieder in Schwung zu bringen?
Wir haben uns Schwerpunkte gesetzt, die wir eng abgestimmt mit der Landtagsfraktion entwickeln. Zum Wohnungsbau haben wir bereits einen Aufschlag gemacht. Wir arbeiten zudem konzentriert an den Themen Digitalisierung der Arbeit, Gesundheit und Rente, Zuwanderung und Integration. Wir wollen, dass Parteiarbeit wieder Spaß macht. Natürlich waren wir sehr geknickt nach den 12,7 Prozent bei der Landtagswahl. Heute sehe ich da keine hängenden Köpfe mehr, sondern eine aufrechte Partei.
Bei der Wahl haben Sie gesagt, es werde wieder SPD pur geben. Was heißt das inhaltlich?
Nach der Landtagwahl wollte die SPD-Basis mehr Emotionen und mehr Einsatz für soziale Gerechtigkeit. Das Ergebnis bin ich. Es geht mir darum: Wie geht es den Menschen? Wie leben sie in unterschiedlichen Phasen, wenn sie jung, wenn sie alt oder wenn sie erwerbslos sind? Wo braucht es welche Rahmenbedingungen? Ich sehe nirgends politische Mehrheiten für diese Themen ohne die SPD.
Wo sehen Sie in Baden-Württemberg die größten Probleme der sozialen Gerechtigkeit?
Über die Einkommensschichten hinweg tun sich die Menschen schwer, eine neue Wohnung zu finden. Da muss richtig was getan werden. Wir haben eine ordentliche Beschäftigungssituation, doch sind die Zeitanteile der Frauen relativ gering, so dass wenig Geld für sie herauskommt. Zudem müssen wir uns gut überlegen, wie wir die gesetzliche Rente sichern wollen. Im Bildungsbereich haben Akademikerkinder immer noch die besseren Chancen. Wir wären als Gesellschaft bescheuert, wenn wir all die anderen Talente nicht förderten.
Sozialdemokratische Bildungspolitik hat daran wenig verändert?
Die schwarze Bildungspolitik all die Jahrzehnte davor hat Strukturen zementiert. Unter CDU-Kultusministern ist die Hauptschule zur Restschule verkommen. Im Grunde hat die SPD in ihrer Regierungszeit erst mal die Türen aufgemacht und Luft rein gelassen. Da ist Andreas Stoch als Kultusminister beherzt losmarschiert. Ein Bildungssystem lässt sich aber nicht binnen weniger Jahre verändern.